«it’s SPRINGtime, also gumped mir»

Mai (Foto: Bernhard Zaugg)

Von Bernhard Zaugg, Präsident Kirchenvorsteherschaft
Der Frühling ist eine magische Jahreszeit, die überall auf der Welt für «Bewegung», Erneuerung und Wachstum steht. Alle springen und «gumped», doch wie wir ihn erleben und wahrnehmen, variiert stark nach der geografischen Lage und dem kulturellen Kontext. Überall erwacht die Natur: Knospen springen auf, Pflanzen blühen, «d’Chüeh vom Urs springed us em Stall und gumped uf dr Wiise ume», Tiere beginnen mit ihren Fortpflanzungszyklen und die Landschaft wird lebendig und grün. Zudem werden die Tage länger, die Temperaturen steigen und die Menschen verspüren oft eine neue Energie. Es ist sozusagen ein universelles Erwachen, welches uns alle miteinander verbindet - egal wo wir sind und leben. Je nach Region springen einem die Zeichen des Frühlings nicht sofort und offensichtlich ins Auge. Beginnt der «spring» auf der Nordhalbkugel im März, so ist es der September auf der Südhalbkugel. Auch klimatisch unterscheidet er sich. In kontinentalen Klimazonen ist er oft kurz und intensiv, während er in maritimen Regionen sanfter und länger erscheint. Und in den Gebirgsregionen zieht der Frühling langsam und schleichend die Hänge hinauf – ein faszinierendes Schauspiel der Natur. Auch kulturell wird der Frühling unterschiedlich gefeiert. In vielen Ländern gibt es traditionelle Feste wie Ostern, die den Neubeginn symbolisieren. Andere Regionen betonen eher den natürlichen Wandel – etwa durch Blumenfeste oder landwirtschaftliche Rituale. In tropischen Regionen hingegen ist der Übergang zum Frühling weniger ausgeprägt, da dort keine deutlichen Jahreszeiten existieren. Dennoch spüren auch hier die Menschen Veränderungen in der Natur – sei es durch vermehrte Regenfälle oder subtile Temperaturverschiebungen.

Der Frühling ist also eine Jahreszeit voller Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Er verbindet uns durch das Gefühl von Hoffnung und Neubeginn, zeigt aber auch die Vielfalt unserer Erde – sei es durch klimatische Bedingungen oder kulturelle Traditionen. Egal wo man lebt, der Frühling bleibt eine Zeit des Wandels und des Lebens, die uns daran erinnert, wie vielfältig und doch verbunden unsere Welt ist. Es ist eine Zeit des Aufbruchs, des Wachstums und des Neuanfangs – Werte, die auch im kirchlichen Leben eine tiefere Bedeutung tragen.

Ja, der Frühling hat wortwörtlich auch in unserer Kirche in Scherzingen Einzug gehalten und überraschte die Kirchgänger mit seiner Schönheit. Eines Sonntagsmorgen schmückten prominent vorne auf der linken und rechten Seite zwei grosse Magnolienäste den Chor. Magnolien sind eines der eindrucksvollsten Symbole des Frühlings und ihre prachtvollen Blüten, die oft in zarten Rosa- und Weißtönen leuchten, schmücken viele Gärten und Parks. Und nun auch Kirchen. Die Magnolienblüte ist ein Sinnbild für Schönheit und Vergänglichkeit zugleich. Sie erinnert uns daran, dass alles Leben kostbar ist und dass wir jeden Moment bewusst erleben sollten. In der Kirche wird diese Botschaft oft mit dem Glauben an die Auferstehung Christi verbunden: So wie die Magnolie jedes Jahr aufs Neue erblüht, so steht auch das Osterfest für Hoffnung und neuen Lebensmut.

Das der Spring in unsere Kirche «gumped isch», zeigt noch ein weiteres Anschauungsobjekt im Vorraum unserer Kirche. Es ist ein alter Pflug, welchen wir leihweise vom Dorfmuseum in Bottighofen auslehnen durften. Der Pflug, als Werkzeug der Landwirtschaft, steht für das Aufbrechen von hartem Boden, um neues Wachstum zu ermöglichen. Dieses Bild lässt sich wunderbar auf den Glauben übertragen: Der Frühling lädt uns ein, alte Muster zu durchbrechen, unsere Herzen zu öffnen und Raum für Neues zu schaffen. In der Kirche wird der Pflug so zu einem Symbol für den Neuanfang – sowohl im persönlichen Leben als auch in der Gemeinschaft.

Mit dem Frühling kommt auch die Möglichkeit, vieles neu zu denken – besonders in der Zusammenarbeit mit unserem neuen Pfarrer Christian Stahmann. Die Beziehung zwischen Kirchenvorsteherschaft und Pfarrer ist entscheidend für die Entwicklung der Gemeinde. Eine enge, vertrauensvolle und wertschätzende Zusammenarbeit ermöglicht es, neue Impulse zu setzen und die Gemeinschaft zu stärken. Christian bringt frische Perspektiven mit sich, die uns helfen können, alte Strukturen zu hinterfragen und innovative Wege zu gehen. Gemeinsam können wir überlegen, wie wir den Glauben lebendig halten und dieser auf neue Mitglieder «überegumped» – sei es durch modernere Gottesdienstformate, neue musikalische Akzente oder durch stärkere Einbindung der Gemeinschaft. Lassen sie mich eines klar kommunizieren. Christian Stahmann pflügt zusammen mit der Kirchenvorsteherschaft die Kirche um. Wir sähen und hoffen, dass dann die Ernte ertragsreich ausfällt. Wir benötigen keine weltlichen oder theologischen Besserwisser, die uns vorschreiben wollen, was wir zu ändern haben. Wir versuchen es einfach und machen Kurskorrekturen, wenn diese aus unserer Sicht angebracht sind.

Mit dem Frühling kehrt jedoch nicht nur die Natur zurück – auch organisatorische Veränderungen machen sich bemerkbar. So hat auf dem Parkplatz bei der Kirche eine neue Parkordnung der Gemeinde Münsterlingen Einzug gehalten, die das Parken kostenpflichtig macht. Im Rahmen des Nutzungs- und Baurechtsvertrag ist der Unterhalt wie auch die Bewirtschaftung auf die Gemeinde «übergespringt». «Müssen wir nun auch noch für den Besuch des Gottesdienstes bezahlen?» Solche Befürchtungen gumpten mir schon ins Ohr. Selbstverständlich können sie sich die Parkgebühren bei kirchlichen Anlässen sparen. Diese müssen dann nicht bezahlt werden und könnten als Ausgleich in die Kollekte investiert werden. Diese Regelung unterstreicht den besonderen Stellenwert der Kirche als Ort der Gemeinschaft und des Glaubens, an dem materielle Dinge in den Hintergrund treten dürfen.

Der Frühling ist mehr als nur eine Jahreszeit – er ist eine Einladung zur Besinnung und Erneuerung. Ob beim Anblick blühender Magnolien in oder ausserhalb der Kirche, beim Nachdenken über den symbolischen Pflug oder beim Erleben von Gemeinschaft ohne weltliche Zwänge wie Parkgebühren: Der Frühling erinnert uns daran, dass jeder Tag eine neue Chance ist. Eine Chance, unser Leben mit Hoffnung, Liebe und Glauben zu füllen. Ist nicht die Natur unsere Religion, die Erde unsere Kirche und die Liebe zu jedem Lebewesen unser Glaube?

In diesem Sinne möge dieser Frühling nicht nur die Natur erblühen lassen, sondern auch unsere Herzen erneuern – voller Dankbarkeit für das Geschenk des Lebens und des Glaubens.

Ich lasse sie nun «springen» mit einem herzlichen «B’hüet Sie Gott»
Bereitgestellt: 01.05.2025     Besuche: 17 Monat