Monatsgedanken -März
Offene Bibliothek (Foto: Hartmut_910, Pixelio)
Das Buch to go
Alte Kühlschränke, ausrangierte Vitrinen, geräumige Telefonzellen, sogar Bushaltestellen- bestimmt sind Sie Ihnen auch schon mal am Strassenrand oder am Wanderweg aufgefallen: die öffentlichen Wind- und Wetterbibliotheken.
Im März/ April 2020 waren sie vielleicht etwas überfüllt, weil alle ihre Regale durchstöberten und aufräumten. Jetzt sind die Draussenbibliotheken wieder auf Normallevel. Sie sind willkommen für Bücher, die sich nur einmal zu lesen lohnen wie einen Krimi, dessen Auflösung man beim zweiten Lesen ja schon kennen würde. Natürlich stehen da auch die Danellas und Simmels, die Massenware aus den 70er und 80er Jahren, aber ein Blick in die Regale lohnt sich oft. Was nach ein paar Seiten nicht interessiert, kann dann ja wieder zurück. Manchmal sind dort richtige Schätze zu finden.
Natürlich ist es ein Zeichen von Luxus, wenn Bücher öffentlich herumstehen, ja wie ein Konsumgut nur einmal gebraucht werden. Gleichzeitig ist es ein schönes Zeichen für Gemeinschaft und Teilen. In Zeiten von Internet und Instagramm ist so eine Bücherecke wunderschön physisch. Ein Buch auf Probe, für die, die nicht mehr vertraut sind mit diesem klassischen Medium.
Im alten Testament im Buch der Sprüche steht eine Frau an den öffentlichen Plätzen: Frau Weisheit. Sie preist ihr Wissen an: «Kommt in mein Haus. Esst von meinen Speisen und trinkt von meinem gewürzten Wein! Verlasst die Unerfahrenen und lebt, und geht den Weg der Einsicht.» Als einladende Seite Gottes lädt sie zu einem Weg der Gerechtigkeit und der Vernunft ein. Frau Weisheits Gegenspielerin ist Frau Torheit, deren Rat und deren Weg führt direkt ins Verderben. Vermutlich in der Erziehung für Schreiber an Hof undTempel entstanden die Sprüche, die biblische Weisheitsliteratur. Nicht weniger als Gotteserkenntnis wird dort den Lernwilligen angeboten. Und damit das Wissen greifbarer, ja Hand und Fuss hat, darum präsentiert dies eine Frau. Mal wie eine Gastwirtin, mal wie eine Mutter, mal wie eine gebildete Königin. Heute sähe sie vielleicht aus wie der blaue Papagei Globi als Wissenvermittler.
Frau Weisheit steht auch für die weise Seite Gottes. Ähnlich wie sie wurde Jesus für seine Lehre und seinen Lebensweg als Weisheit Gottes erkannt.
Eine Sache können wir uns wirklich bei Frau Weisheit und den Wind- und Wetterbibliotheken abschauen: Sie stehen draussen, öffentlich für alle. Dies umzuwandeln in heutige Formen ist immer wieder eine Aufgabe und Freude im Glauben.