Der Suppenstein- Monatsgedanken Oktober
Kochlöffel (Foto: Tim Reckmann, Pixelio)
Ein russisches Märchen erzählt von Wanja, dem armen Wanderer. Mit dem Löffel in der Tasche und dem Schalk im Nacken zieht er durch eine Stadt und bittet dort an den Türen um etwas Suppe.
Überall wird ihm die Türe vor der Nase zugeschlagen. Keiner möchte ihm etwas geben. Etwas später kommt Wanja wieder zurück. Er setzt sich auf den Marktplatz und macht sich ein Feuer. Jetzt sind die Leute neugierig: „Was hast du vor?“ Er zeigt auf einen Stein in seiner Hand und sagt: „Das ist mein Suppenstein.“ „Suppe kochen, nur mit einem Stein? Wie soll das gehen?“, fragen die Leute. Und Wanja sagt: „Stimmt, es fehlt noch was. Wollt ihr es sehen? Ich bräuchte einen Topf.“ Jemand bringt ihm einen Kochtopf. Und dann schickt er die Leute um Möhren, Zwiebeln, Mehl, Speck, Salz und Pfeffer zu holen. Alle sind neugierig und bringen das Gewünschte. Er kocht eine gute Suppe und alle werden satt. Die Leute freuen sich und sagen: „Dass das geht, nur mit einem Stein?“
Dann zieht Wanja weiter mit seinem Löffel und dem Suppenstein.
Nur ein Märchen?
Es erzählt uns viel über den Menschen. Über unsere Bereitschaft zu helfen oder nicht zu helfen.
In der Entwicklungshilfe hat es einen Wandel gegeben von der Zeit, in der einfach nur Nothilfe betrieben wurde mit Essenslieferungen, zu den partnerschaftlichen Modellen, die heute überwiegen. In den Missionswerken hat es ein Umdenken gegeben, dass viele Referenten nun aus früheren Missionsländern in Europa tätig sind und uns von ihrem Leben und Glauben erzählen.
In diesem Märchen verläuft die Entwicklungshilfe auch andersherum: Wanja zeigt den Menschen, dass sie doch etwas abgeben können, ja es entsteht ein kleines Volksfest daraus.
In diesem Jahr wird immer wieder unsere Kreativität gefragt, um unsere vertrauten und liebgewonnenen Veranstaltungen an die Coronamassnahmen anzupassen.
So feiern wir dieses Jahr Erntedank anders, in zwei kürzeren Gottesdiensten hintereinander.
Möge uns die Phantasie erhalten bleiben, immer wieder Formen für Gemeinschaft zu finden. Dazu brauchen wir gewissermassen einen Suppenstein im Denken.
Einen goldenen Oktober wünscht
Ihre Pfarrerin
Gabriele Weiss